DGVN fordert ein Ende der Gewalt in Syrien

Der Bürgerkrieg in Syrien findet kein Ende. Bis April 2014 wurden über 191.000 Menschen getötet (1). Rund 2,6 Millionen Syrer flohen aus ihrem Land und mehr als 9 Millionen Menschen sind innerhalb Syriens auf der Flucht; UN-Flüchtlingskommissar António Guterres bezeichnete die Flüchtlingskrise als die schlimmste seit dem Völkermord in Ruanda in den 1990er Jahren (2).

Die Vereinten Nationen haben versucht, das Leid bestmöglich zu lindern. Aber auch UNHCR, UNDP, UNICEF oder WFP stoßen an die Grenzen ihrer Möglichkeiten. Der Krieg wird auf unbestimmte Zeit weitergehen. Er ist zugleich ein Grund für die Stärke des sog. „Islamischen Staates (IS)“. Sowohl der Bürgerkrieg als auch der Terror des IS verlangen ein sofortiges und entschiedenes Handeln der internationalen Gemeinschaft.

Angesichts dieses Leids ist es unbegreiflich, dass die Mitglieder des UN-Sicher-heitsrats, der die Hauptverantwortung für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit trägt, in ihrer passiven Rolle verharren, die sie seit 2011 einnehmen. Trotz steigenden internationalen Drucks ist ein gemeinsames Vorgehen nicht absehbar.

Wir dürfen uns mit der schrecklichen Lage in Syrien nicht abfinden. Deshalb unterstützen wir den Vorschlag des Syrien-Sondergesandten der Vereinten Nationen, Staffan de Mistura, zur Schaffung regionaler entmilitarisierter Schutzzonen. Solche "Freeze Zones" sollten die Anfangspunkte für eine politische Lösung des Konflikts sein.

Das gebietet nicht zuletzt die Schutzverantwortung, welche als politischer Leitsatz die Billigung aller UN-Mitgliedstaaten gefunden hat und zur Maxime im Umgang mit solchen Krisen, wie wir sie gegenwärtig erleben, erhoben wurde. Hat doch der Sicherheitsrat bereits in Somalia und Haiti sowie 2006 unter Rekurs auf die Schutzverantwortung explizit anerkannt, dass ihm eine Handlungspflicht zukommt, wenn Staaten ihre Bevölkerung nicht vor Völkermord, Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit schützen.

Bei fortdauernder Untätigkeit des Sicherheitsrats trägt auch die UN-General-versammlung eine Verantwortung. Das Motiv der sogenannten „Uniting for Peace"-Resolution, die von den USA 1950 angesichts der Blockade des Sicherheitsrats im Korea-Krieg initiiert wurde, ist auch mit Blick auf die aktuelle Lage in Syrien anwendbar. Die Generalversammlung kann eine militärische Intervention nicht autorisieren. Sie kann aber den politischen Druck auf den Sicherheitsrat verstärken und die global geteilte Verhaltenserwartung an die Mitglieder des Sicherheitsrats zum Ausdruck bringen. Wir fordern alle Staaten auf, mit den Verhandlungen für eine solche Resolution sofort zu beginnen.

Ein späterer Waffenstillstand muss unter Führung der UN und unter maßgeblicher Einbeziehung der syrischen Bevölkerung zu einem dauerhaften Frieden entwickelt werden, so dass dem syrischen Volk – mit Unterstützung der internationalen Gemeinschaft – der Wiederaufbau des Landes und einer rechtsstaatlichen politischen Ordnung ermöglicht werden und die Flüchtlinge zurückkehren können.

Die Berichte der unabhängigen internationalen Untersuchungskommission zu Syrien, die der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen eingesetzt hat, sind eine hinreichende Grundlage für eine strafrechtliche Aufarbeitung der massiven Menschenrechtsverletzungen. Wir fordern, dass der Sicherheitsrat den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) mit der Ermittlung und Bestrafung der Haupttäter beauftragt.

Die meisten Flüchtlinge haben in den Nachbarländern Zuflucht gefunden. Die Aufnahmeländer benötigen dringend die Solidarität der internationalen Gemeinschaft, damit eine menschenwürdige Versorgung der Flüchtlinge sichergestellt werden kann. Insbesondere die Arbeit des UNHCR muss gestärkt und finanziell abgesichert werden. Auf der Basis der Genfer Flüchtlingskonvention rufen wir alle Staaten dazu auf, den Flüchtlingen vor Krieg und Gewalt Zuflucht zu gewähren und sich stärker zu engagieren.

(1) http://www.un.org/apps/news/story.asp?NewsID=48535#.VHxvIYcZ3nc.

(2) http://www.spiegel.de/politik/ausland/syrien-schlimmste-fluechtlingskrise-seit-zwanzig-jahren-a-950510.html.