Aufruf der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen e.V. (DGVN) zur aktuellen Flüchtlingskrise
Beinahe 60 Millionen Menschen sind derzeit weltweit auf der Flucht. Damit hat die Zahl derer, die gewaltsam vertrieben wurden, ein trauriges Allzeithoch erreicht. Die Ursachen liegen dabei auf der Hand: Gewalttätige Konflikte und Perspektivlosigkeit sind nur einige der Gründe, die in vielen Ländern ein friedliches, sicheres oder auch nur den menschlichen Bedürfnissen angemessenes Leben nicht zulassen.
Dieser Tage nimmt die Flüchtlingskrise, die längst auch Europa betrifft, neue Ausmaße an. Täglich erreichen
Das Elend der Flüchtlinge geht uns alle an. Zwar hat Deutschland in den letzten Wochen ein großes Maß an Solidarität gezeigt; jetzt wird es aber darauf ankommen, in der deutschen und europäischen Politik auch die globale Dimension nicht aus den Augen zu verlieren und Weichen für eine nachhaltige Lösung zu schaffen.
Die Menschenrechte als Leitprinzip
„Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen, ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ – die Würde des Einzelnen ist Kerngehalt nicht nur unseres Grundgesetzes, sondern auch internationaler Menschenrechtsinstrumente. Die Präambel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verweist auf eine Welt frei von Furcht und Not. Die Menschenrechte gelten universell und unabhängig von Herkunft oder Notsituation. Sie müssen bei allen Herausforderungen der Praxis stets Leitlinien jeder deutschen und europäischen Politik zum Umgang mit den Geflüchteten sein. Wenn es um die effektive Verwirklichung grundlegender Menschenrechte geht, sind gerade Flüchtlinge am meisten gefährdet. Das hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen in den jüngst verabschiedeten Zielen für nachhaltige Entwicklung noch einmal explizit betont (Abs. 23 und 29). Gleiches gilt auch für Kinder. Geflüchtete Kinder benötigen besonderen Schutz; schätzungsweise jede vierte geflüchtete Person ist unter 18 Jahren. Die DGVN unterstützt deshalb den
Einhaltung der Genfer Flüchtlingskonvention, Kooperation mit dem Amt des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR)
Eine Stabilisierung und Unterstützung der Länder, die derzeit die Hauptlast der Flüchtlingskrise schultern, wird nicht von heute auf morgen Wirkung zeigen. Solange Hoffnungslosigkeit und steigende Armut herrschen, werden auch weiterhin zahlreiche Menschen den gefährlichen Weg über das Mittelmeer in die Europäische Union auf sich nehmen. Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen hat dazu aufgerufen, die legalen Möglichkeiten für Flüchtlinge, in die EU zu gelangen, auszubauen. Die Möglichkeiten von Umsiedlung, das heißt Aufnahme von Flüchtlingen, die derzeit etwa in der Türkei oder im Libanon leben, der humanitären Aufnahme, Familienzusammenführung und privatfinanzierte Aufnahmemechanismen gehören dazu. Sowohl in Deutschland als auch auf europäischer Ebene sollte die Zusammenarbeit mit dem UNHCR im Vordergrund stehen. Flüchtlingen, auch solchen, die im Rahmen von Resettlement-Programmen (Umsiedelungsprogrammen) zu uns kommen, müssen alle Rechte aus der Genfer Flüchtlingskonvention zugestanden werden. Dazu gehört u.a. die Bereitstellung von Flüchtlingsreiseausweisen. Resettlement-Flüchtlinge dürfen nicht schlechter gestellt werden, als solche, die ein reguläres Asylverfahren in Deutschland durchlaufen. Das hat auch der UNHCR wiederholt gefordert.
Langfristiges Engagement, stärkere multilaterale Zusammenarbeit
Das Ausmaß der Flüchtlingskrise erklärt sich auch durch ein Versagen multilateraler Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren. Soweit die Regierungen einzelner Länder ihrer Verantwortung, ihre eigene Zivilbevölkerung zu schützen, nicht nachkommen, sind die Mitglieder des UN-Sicherheitsrats gefragt, ihre Verantwortung, internationalen Frieden zu sichern sowie die Zivilbevölkerung zu schützen, wahrzunehmen. Syrien bedarf einer politischen Lösung. Der syrische Krieg hat gezeigt, welche Folgen auch und gerade in der humanitären Notversorgung ein Versagen politischer Lösungen mit sich bringt. Hilfsorganisationen klagen bereits seit Langem über mangelnde finanzielle Unterstützung. Vor allem das Welternährungsprogramm (WFP), aber auch das UNHCR, das Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) und andere leiden an chronischer Unterfinanzierung. Die DGVN begrüßt den Beschluss des EU-Gipfels vom 23. September 2015, 1 Mrd. Euro Soforthilfe zu mobilisieren, ebenso wie den