Felix Finkbeiner von Plant-for-the-Planet im Interview mit dem DGVN Landesverband Bayern: „Jedes Engagement zählt und kann andere inspirieren!“

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Felix Finkbeiner gründete mit neun Jahren das Netzwerk Plat-for-the-Planet. Dieses wurde für seinen Einsatz für die Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen mit dem SDG Action Award ausgezeichnet. Foto © 2023, José Francisco Diaz Palomeque/Plant-for-the-Planet. 


Das globale Netzwerk Plant-for-the-Planet begeistert mit seinem Einsatz für die Wiederherstellung und den Schutz von Wäldern sowie der Förderung von Kindern und Jugendlichen als Botschafter für Klimagerechtigkeit. Mit einer innovativen Online-Plattform ermöglicht die Organisation, Spenden für weltweite Renaturierungsprojekte zu sammeln. Für ihr herausragendes Engagement wurde Plant-for-the-Planet, das in Tutzing ansässig ist, im Oktober 2024 mit dem SDG Action Award ausgezeichnet.

Lesen Sie das vollständige Interview mit Gründer Felix Finkbeiner, der über Herausforderungen, Ziele und Inspirationen spricht, und erfahren Sie, wie jede*r Einzelne zum Wandel beitragen kann.

 

DGVN Landesverband Bayern:

Herzlichen Glückwunsch zum UN SDG Action Award! Was bedeutet diese Auszeichnung für Sie persönlich und für die Plant-for-the-Planet Initiative?

Felix Finkbeiner:

Diese Auszeichnung ehrt das Engagement von Plant-for-the-Planet, Wälder zu schützen und zu renaturieren, um die Klimakrise abzuschwächen und junge Menschen weltweit zum Handeln für Klimagerechtigkeit zu empowern.

Der Preis ist eine große Ehre für unser gesamtes Team und alle unsere Unterstützenden weltweit. Er zeigt, dass gemeinsames Handeln den Unterschied macht. Jede Baumspende, jede Stunde Einsatz, jede Aktion – ob groß oder klein –, all das bringt uns mit praktischen Lösungsschritten unserem Ziel einer klimagerechten Zukunft näher.

 

DGVN Landesverband Bayern:

Plant-for-the-Planet wurde von Ihnen im Alter von neun Jahren gegründet. Wie hat sich Ihre Vision seitdem entwickelt und welche Herausforderungen haben Sie auf dem Weg gemeistert?

Felix Finkbeiner:

Als ich Plant-for-the-Planet mit neun Jahren gegründet habe, war die Vision simpel: Bäume pflanzen, um CO₂ zu binden. Heute ist sie viel umfassender: Kurz gesagt verfolgen wir heute einen ganzheitlichen Ansatz, um gemeinsam Klimagerechtigkeit zu schaffen. Dafür haben wir zum Beispiel IT-Tools wie die TreeMapper App entwickelt, mit der wir die Pflanzung der Bäume nachverfolgen, oder die FireAltert App, um Waldbrände schnellstmöglich aufzuspüren.

Die größte Herausforderung für die Wälder und damit auch für unsere Arbeit ist auf jeden Fall die Klimakrise, da sie Waldbrände immer häufiger und intensiver macht. Auch auf unseren Flächen in Mexiko und Ghana stellen sie ein zunehmendes Problem dar. Das ist leider ein Henne-Ei-Problem: Die Klimakrise gefährdet die Wälder, und gleichzeitig sind diese Wälder essenziell, um die Klimakrise zu bekämpfen. Nur wenn wir beides angehen, können wir diese Herausforderung meistern.

 

DGVN Landesverband Bayern:

Mit über 100.000 jungen Botschaftern in 76 Ländern leisten Sie einen bedeutenden Beitrag zur Klimagerechtigkeit. Welche Strategien nutzen Sie, um junge Menschen weltweit zu mobilisieren und zu inspirieren?

Felix Finkbeiner:

Das Empowerment von Kindern und Jugendlichen ist ein zentraler Bestandteil unserer Mission bei Plant-for-the-Planet. Dafür haben wir verschiedene Formate entwickelt, wie unsere Akademien, Kinderkonferenzen und den jährlichen Youth Summit.

Die Akademien sind interaktive Workshops für Kinder von 9 bis 14 Jahren. Durch unseren Peer-to-Peer Ansatz werden Kinder von gleichaltrigen, bereits ausgebildeten Botschafter*innen für Klimagerechtigkeit motiviert, sich selbst zu engagieren. Spielerisch nähern sie sich dem Thema Klimagerechtigkeit, erfahren mehr über die Bedeutung von Waldökosystemen und planen eigene Projekte. Höhepunkte sind ein Planspiel zu Entscheidungsprozessen und eine Baumpflanzaktion, bei der die Kinder selbstwirksam zum Klimaschutz beitragen.

Nach der Teilnahme werden sie zu Botschafter*innen für Klimagerechtigkeit ernannt. Jedes Jahr organisieren wir rund 20 Akademien in Deutschland und 50 bis 100 Akademien im globalen Süden, um die Klimakrise als globale Herausforderung zu adressieren.

Weiterführende Formate wie die Kinderkonferenz, Empowerment-Workshops oder unser jährlich stattfindender Youth Summit bieten Kindern und Jugendlichen, die sich bereits engagieren, eine Plattform zum Netzwerken und Weiterbilden. Teilnehmende aus aller Welt vertiefen ihr Wissen in Workshops, tauschen sich mit Expert*innen aus und entwickeln Initiativen, die sie lokal umsetzen können.

Indem wir junge Menschen inspirieren, stärken und miteinander vernetzen, schaffen wir die Grundlage für eine klimagerechte Zukunft.

 

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Baumpflanz-Aktion in Yucatan. Foto © 2023, José Francisco Diaz Palomeque/Plant-for-the-Planet. 

 

DGVN Landesverband Bayern:

Der UN SDG Action Award würdigt Engagement für nachhaltige Entwicklung. Welche spezifischen Sustainable Development Goals (SDGs) stehen für Plant-for-the-Planet im Fokus und wie tragen Ihre Projekte dazu bei?

Felix Finkbeiner:

Bei Plant-for-the-Planet laufen alle Fäden bei SDG 13 („Maßnahmen zum Klimaschutz“) zusammen: Die Bekämpfung der Klimakrise und die Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf maximal 1,5 Grad Celsius sind unser zentrales Ziel.

Durch die Wiederherstellung geschädigter Waldökosysteme leisten wir außerdem einen wesentlichen Beitrag zu SDG 15, dem Schutz von Landökosystemen. Auch sind wir offizieller Partner der UN-Dekade zur Wiederherstellung von Ökosystemen 2021–2030.

Mit unseren Empowerment-Programmen fördern wir hochwertige Bildung (SDG 4) und schaffen Bewusstsein für die Klimakrise. Auch SDG 8, menschenwürdige Arbeit, und SDG 10, Verringerung von Ungleichheiten, stehen bei unseren Projekten in Ghana, Mexiko und Spanien im Fokus. Lokale Teams erhalten dort langfristige Jobperspektiven, überdurchschnittliche Gehälter, soziale Absicherung und faire Arbeitsbedingungen. Besonders Frauen in den Projektregionen profitieren, indem sie durch Renaturierungsarbeit ein eigenes Einkommen erzielen.

Unsere Open-Source-Tools wie TreeMapper und FireAlert fördern SDG 9, Innovation und widerstandsfähige Infrastruktur, und SDG 17, Partnerschaften zur Erreichung der Ziele. Über unsere Plattform ermöglichen wir weltweit freien Zugang zu Finanzierung und Monitoring für Renaturierungsprojekte. Darüber hinaus haben wir in Mexiko einen Forschungspark eingerichtet, der internationale Wissenschaftler*innen zur groß angelegten Feldforschung zur Wiederherstellung von Ökosystemen einlädt und neue Erkenntnisse beschleunigt.

In diesem Dokument (3,7MB) findet sich eine ausführliche Beschreibung aller SDGs, zu denen wir einen Beitrag leisten.
 

DGVN Landesverband Bayern:

Sie haben fast 100 Millionen Bäume weltweit gepflanzt. Können Sie uns einen Einblick in die größten Erfolge und vielleicht auch unerwarteten Lektionen aus diesen Projekten geben?

Felix Finkbeiner:

Ja, über unsere Plattform wurden weltweit fast 100 Millionen Bäume für Renaturierungsprojekte gespendet, was uns sehr stolz macht. Ein großer Erfolg dieser Projekte ist die Vielzahl an eingesetzten Pflanzenarten. 40 verschiedene Arten sind es in unserem größten Projekt in Mexiko. Dies fördert nicht nur die biologische Vielfalt, sondern stärkt auch die Resilienz des Ökosystems gegen die Auswirkungen der Klimakrise.

Ein weiterer wichtiger Schritt ist das sogenannte Enrichment Planting. Das ist eine Renaturierungsmethode, bei der in bestehenden Wäldern gezielt Baumarten nachgepflanzt werden, die durch menschliche Aktivitäten und Naturkatastrophen beeinträchtigt oder ganz verloren gegangen sind. So wird das ökologische Gleichgewicht stabilisiert.

Natürlich gab es auch unerwartete Lektionen. Ein prägnantes Beispiel ist die Hurrikan-Saison 2020, die in Mexiko zu den schlimmsten Überschwemmungen seit Jahrzehnten führte und einen Teil unserer Pflanzflächen überflutete. Heute haben wir neue Erkenntnisse und die Pflanzstrategie angepasst: Ein Teil der Bäume wurde in höher gelegene Gebiete nachgepflanzt, die besser gegen Überschwemmungen gewappnet sind. Das unterstreicht die Notwendigkeit, flexibel und lernbereit zu bleiben. Denn Waldökosysteme sind komplex und keine standardisierten Maschinen.

Daher arbeiten wir auch eng mit externen Expert*innen von der TU München, der University of Hawaii und dem Centro de Investigación Científica de Yucatán (CICY) zusammen, die die Erstellung und Einhaltung unserer Renaturierungspläne zu überwachen.

 

DGVN Landesverband Bayern:

Wie sehen Sie die Rolle von Initiativen wie Plant-for-the-Planet im globalen Kampf gegen den Klimawandel, insbesondere im Vergleich zu anderen Umweltbewegungen?

Felix Finkbeiner:

Initiativen wie Plant-for-the-Planet spielen eine entscheidende Rolle im globalen Kampf gegen die Klimakrise. Dies wird beispielsweise deutlich bei Klimakonferenzen, wo NGOs geschlossen auftreten, Proteste organisieren und sich aktiv gegen die fossile Lobby positionieren, damit die dringenden Klimaforderungen Gehör finden. Denn daran müssen Politiker*innen und Entscheidungsträger*innen immer wieder erinnert werden.

Der Ansatz von Plant-for-the-Planet ist es außerdem, konkrete Maßnahmen zu ergreifen, wie die Renaturierung von Wäldern und das Kinder- und Jugendempowerment. Wir konzentrieren uns also auf direkte, praktische Lösungen, die gleichzeitig Bildungs- und Partizipationsmöglichkeiten bieten.

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Wiederbewaldung in Yucatan. Foto © 2023, José Francisco Diaz Palomeque/Plant-for-the-Planet. 

 

DGVN Landesverband Bayern:

Welche zukünftigen Projekte oder Ziele haben Sie für Plant-for-the-Planet, um die Initiative weiter auszubauen und noch mehr Bäume zu pflanzen?

Felix Finkbeiner:

Ein zentrales zukünftiges Projekt für Plant-for-the-Planet ist die Weiterentwicklung und Verbreitung unserer Tracer App. Diese App hilft kleinen Landwirt*innen und ihren Kooperativen im globalen Süden, die Anforderungen der entwaldungfreien Lieferketten zu erfüllen.

Die Einführung der EU-Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten (EUDR) ist ein entscheidender Schritt im globalen Kampf gegen Abholzung. Die Welt verliert zur Zeit circa 10 Milliarden Bäume im Jahr, das ist mehr als der gesamte Waldbestand in Deutschland (circa 8 Mrd). Doch die Umsetzung könnte gerade für Kleinbäuerinnen und Kleinbauern im globalen Süden problematisch werden, da viele noch nicht wissen, was von ihnen erwartet wird. Das betrifft insbesondere die Notwendigkeit zu dokumentieren, dass ihre Produktion ohne Abholzung erfolgt.

Hier setzt die Tracer App von Plant-for-the-Planet an: Sie bietet eine einfache, kostenlose Möglichkeit, Farmen zu überprüfen und sicherzustellen, dass sie den neuen EUDR-Vorgaben entsprechen und ob sie weiterhin in die EU exportieren dürfen. Dadurch behalten sie die Kontrolle über ihre Daten und können rechtzeitig Anpassungen vornehmen, um ihre Existenzgrundlage zu sichern.

 

DGVN Landesverband Bayern:

Der UN SDG Action Award wurde in Rom verliehen. Wie war Ihre Erfahrung beim Festakt und welche Bedeutung hat die internationale Anerkennung für Ihre Arbeit?

Felix Finkbeiner:

Ich durfte persönlich vor Ort sein, um den UN SDG Action Award in Rom entgegenzunehmen. Die Erfahrung war sowohl bewegend als auch motivierend. Der Festakt bot auch die Gelegenheit, mit anderen führenden Akteur*innen der Nachhaltigkeitsbewegung in Kontakt zu treten.

Zum Beispiel mit Gjenge Makers, die gemeinsam mit Plant-for-the-Planet den Impact Award erhielten. Das Sozialunternehmen hat bis heute mehr als 200.000 kg Plastikmüll recycelt und in Baumaterialien umgewandelt. Solche gemeinwohlorientierten Lösungen spielen eine Schlüsselrolle im Kampf gegen die Klimakrise.

Auch Laudator Farhoud Meybodi hob bei der Preisverleihung hervor, dass wahre Wirkung nicht aus Wut entsteht, sondern aus Leidenschaft für die Sache und verstärkt wird, wenn wir andere dabei unterstützen, ihre Ziele zu erreichen. Das spricht uns direkt aus dem Herzen und führte zu dieser wichtigen Auszeichnung.

 

DGVN Landesverband Bayern:

Wie arbeitet Plant-for-the-Planet mit anderen Wald-Organisationen zusammen, und welche Bedeutung haben Partnerschaften für den Erfolg Ihrer Projekte?

Felix Finkbeiner:

Plant-for-the-Planet arbeitet eng mit Wald-Organisationen weltweit zusammen, um durch Partnerschaften maximale Wirkung im Klimaschutz zu erzielen. Unsere Plattform fungiert dabei als Brücke zwischen Spender*innen und Waldprojekten: Organisationen können ihre Projekte mit Informationen wie Standort, geplanten Baumzahlen und Kosten registrieren, während Spender*innen auf einer interaktiven Karte gezielt Projekte auswählen können.

Jede Spende wird provisionsfrei direkt an die Projekte weitergeleitet. Heute sind über 300 Projekte registriert und 90 Millionen Bäume über die Plattform gepflanzt worden. Da Transparenz uns dabei ein großes Anliegen ist, haben wir Richtlinien für die Plattform entwickelt, die ökologische, soziale und wirtschaftliche Aspekte berücksichtigen. Nur Projekte, die diese Richtlinien einhalten, können sich auf der Plattform präsentieren.

 

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Plant-for-the-Planet Botschafter*innen und Felix Finkbeiner beim Pflanzen eines Baums. Foto © 2023, José Francisco Diaz Palomeque/Plant-for-the-Planet. 

 

DGVN Landesverband Bayern:

Welche Ratschläge würden Sie jungen Menschen geben, die sich ebenfalls für Klimagerechtigkeit und nachhaltige Entwicklung engagieren möchten?

Felix Finkbeiner:

Mein wichtigster Ratschlag als Gründer von Plant-for-the-Planet ist: Fangt einfach an! Egal, ob ihr euch einer bestehenden Initiative anschließt oder ein eigenes Projekt startet – jedes Engagement zählt und kann andere inspirieren.

Und, ganz wichtig, sucht euch Verbündete. Zusammenarbeit und Austausch mit Gleichgesinnten verstärken eure Wirkung und helfen, langfristig motiviert zu bleiben.

Bleibt außerdem optimistisch und lasst euch auch von Rückschlägen nicht entmutigen. Denn nur wer gar nichts tut, macht keine Fehler!

 

DGVN Landesverband Bayern:

Vielen Dank für das Interview!

 

Wenn Sie mehr über die Intiative Plant-for-the Planet erfahren möchten, lesen Sie gerne auf www.plant-for-the-planet.org weiter.
Weitere Informationen zum SDG Action Award erhalten Sie unter www.sdgactionawards.org